Die Bedeutung von Urlaub

Viele Menschen haben das Gefühl, dass sie ihren Urlaub dringend brauchen; als Regeneration, um abzuschalten und aufzutanken. Die Arbeit und der Alltag benötigen so viel Energie, dass kurz vor dem Urlaub die Energiereserven aufgebraucht und die inneren Akkus leer sind. Manchmal wird in den Wochen vor dem Urlaub nur noch auf dieses Ziel hingearbeitet und hingelebt. Und im Urlaub geht es dann (nur) darum, die leeren Energie-Speicher wieder aufzufüllen, um danach weitermachen zu können.

Finden wir es eigentlich „normal“, dass Beruf und Alltag die inneren Akkus so sehr leeren, dass man den Urlaub wirklich dringend braucht?

Was ist eigentlich Urlaub? Wofür ist der Urlaub eigentlich gedacht?

Im Internet fand ich folgende Definitionen:
„Urlaub ist die bezahlte Freistellung von der beruflichen Tätigkeit, die zur beruflichen Erholung des Arbeitnehmers bestimmt ist. Aus diesem Grund wird der Anspruch auch als Erholungsurlaub bezeichnet.“ (Zitat: www.ulmato.de)
“Erholungsurlaub dient vor allem der Erhaltung und der Wiederherstellung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers.“ (Zitat: www.wikipedia.org)

Berufliche Erholung? Laut Duden ist Erholung „das Zurückgewinnen von Gesundheit und Leistungsfähigkeit.“ Zurückgewinnen? Zurückgewinnen kann man nur etwas, was man vorher verloren hat.

Das soll also heißen, wir haben in unserem Beruf Gesundheit und Leistungsfähigkeit verloren, wollen diese zurückgewinnen und nutzen dafür den Erholungsurlaub zur „Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft“?

Das ist also Urlaub? Und das ist das Verständnis von Arbeitskraft und Beruf?

Aus meiner Sicht klingt das nicht stimmig und es schwingt da einiges an Zuviel und an Zuwenig mit: zu viel Arbeit, zu lange Arbeitszeit, Überanstrengung, Überlastung, Verausgabung und zu wenig Entspannung, Ausgleich, Ausgewogenheit und freie Zeit.

Ist es nicht bedauerlich, dass viele Menschen den Urlaub wirklich dringend brauchen, um wieder zu Kräften zu kommen und ihren Alltag wieder zu schaffen? Ist es nicht traurig, wie viele von uns in ihrem Beruf und Alltag deutlich über ihre Kraft- und Energie-Verhältnisse leben?

Wäre es nicht sinnvoll, den eigenen Bedürfnissen und Veranlagungen in Beruf und Alltag so viel Raum zu geben, dass Ausgewogenheit und Balance vorhanden sind?

Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, wenn jeder sein Leben so leben würde, dass es zu der eigenen Konstitution und den individuellen Gaben und Bedürfnissen passt.

Ein guter erster Schritt auf diesem Weg könnte sein, wenn jeder für sich klärt, was er für sein inneres Gleichgewicht braucht (oder nicht braucht):
wie viel Aktivität, wie viel Ruhe,
wie viel verplante Zeit, wie viel frei Zeit,
wie viel Neues und Abenteuer, wie viel Altbekannt-Vertrautes und Routine,
wie viele äußere Eindrücke, wie viele innere Eindrücke,
wie viel Zeit mit anderen, wie viel Zeit für sich,
….

Und dann, mit diesem Wissen, kann jeder beginnen, die Lebensform zu suchen und zu finden, die optimal zu seinen wahren Bedürfnissen passt und für ihn wirklich förderlich ist. Eine Lebensform, die es uns ermöglicht, immer wieder wahrzunehmen und direkt umzusetzen, was wir für unser inneres Gleichgewicht brauchen. Das individuelle optimale Maß von Ausgewogenheit und Balance, von Anspannung und Entspannung, verplanter und freier Zeit, Zeit mit anderen und Zeit für sich.

Wenn wir jeden Tag, jede Woche, jeden Monat in unserer individuellen Ausgewogenheit leben, dann ist Urlaub nicht mehr not-wendig ist, jedenfalls nicht als Erholungs-Urlaub zur „Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft“.
Der „Urlaub“ ist dann in unserem Alltag schon enthalten, jeden Tag, jede Woche, jeden Monat.

Und wir betrachten die Tage, Wochen oder Monate, die wir anders verbringen möchten als üblich, einfach als eine weitere, ergänzende schöne Zeit unserer Lebensform.

Ich wünsche dir die Ausgewogenheit, die dir gut tut
und eine schöne (Urlaubs-)Zeit.

Herzliche Grüße
Anja Trude

Foto:©cocoparisienne, pixabay