Organspende – ja oder nein?

Hast du für dich entschieden, wie zu zur Organspende stehst? Und wissen deine Angehörigen Bescheid oder hast du deine Entscheidung leicht findbar in deiner Brieftasche oder bei deinen Papieren hinterlegt?

Wer seinen Willen zum Thema Organspende nicht explizit festlegt, sollte sich darüber klar sein, dass dann im Falle eines Falles seine nächsten Angehörigen darüber entscheiden müssen. Und zwar meist unter Zeitdruck und in einer extremen Ausnahmesituation, in der es im wahrsten Sinne um Leben und Tod geht. Nicht nur, dass sie in diesem Moment sehr unter Druck stehen, weil sie mit dem bevorstehenden Tod eines nahen Angehörigen konfrontiert werden. Zudem sehen sie sich möglicherweise auch direkt oder indirekt unter dem (moralischen) Druck, doch „wenigstens noch anderen Menschen helfen“ zu müssen.

Ja, ich weiß, es ist ein schweres Thema. Und kein Anderer kann einem die Entscheidung abnehmen. Mögen dir die nachfolgenden Infos, Links und Videos eine Anregung sein, für dich deine eigenen Antworten zu finden.

Entscheidungslösung

Im Transplantationsgesetz heißt es „Die Aufklärung hat die gesamte Tragweite der Entscheidung zu umfassen und muss ergebnisoffen sein.“

In Deutschland gilt bei der Organspende (zur Zeit) die Entscheidungslösung (Stand 11/2016). Das heißt, dass die Entscheidung für oder gegen eine Organspende möglich ist. Auch eine Nichtentscheidung ist möglich. Es gibt keine Verpflichtung, eine Erklärung abzugeben.

„Mit der Einführung der Entscheidungslösung soll die Organspendebereitschaft gefördert werden, um mehr Menschen die Chance zu geben, ein Spenderorgan zu erhalten.“ (Zitat: www.organspende-info.de).

Die Krankenkassen sind verpflichtet, den Versicherten (z.B. bei neuer Versicherungskarte) Aufklärungsmaterial und einen ausfüllbaren Organspendeausweis zu übersenden.

Werbung für Organspende

Interessant ist, dass bei den großen Organspende-Werbekampagnen viele Sportler und Prominente abgebildet und zitiert werden, bei denen es so wirkt, als hätten sie sich eindeutig für die Organspende entschieden und als sei das ganz selbstverständlich, gehöre zur Zivilcourage und wäre ein Akt wahrer Menschlichkeit. Die Möglichkeit eines Neins scheint keine Option. „Organpaten“ beraten und klären auf und die Werbekampagne von proorganspende.de zeigt große Portraits von Prominenten mit dem Slogan „Du bekommst alles von mir. Ich auch von dir?“
Das ist also die im Gesetz geforderte „ergebnisoffene“ Aufklärung?

Was heißt tot, wenn es um Organspende geht?

Im Transplantations-Gesetz wird von „toten Spendern“ gesprochen. Diese Formulierung führt bei den meisten Menschen zu der Assoziation, dass der Spender wirklich gestorben, also eine Leiche ist. Es wirkt so, als würde einer Leiche etwas entnommen werden, was sie nicht mehr braucht und als würde der Empfänger ein gebrauchtes Ersatzteil bekommen, das mit dem Spender nichts mehr zu tun hat.

Im Moment ist aber der aktuelle Stand, dass Organe nur entnommen und transplantiert werden können, solange das Herz schlägt und der Mensch beatmet wird.
„Ist hingegen der Herz-Kreislauf zusammengebrochen, werden die Organe aufgrund der fehlenden Durchblutung und Sauerstoffversorgung zunehmend geschädigt, so dass sie nicht mehr übertragen werden können.“
(Zitat: www.organspende-info.de)

Wenn ein schwerverletzter Mensch ohne Bewusstsein und ohne messbare Hirnfunktionen, aber mit schlagendem Herzen und warmer Haut an einem Beatmungsgerät angeschlossen ist, wird er von den meisten Menschen nicht als tot wahrgenommen.

Aber genau dieser Mensch wäre im Sinne des aktuellen Rechtslage ein „toter Spender“.

Für Transplationen ist der diagnostizierte „Hirntod“ Voraussetzung für die Organentnahme. Es ist also nicht der allgemein übliche Todesbegriff, der verwendet wird, wenn es um Organspende geht. Stattdessen wird der sogenannte „Hirntod“ als Kriterium gewählt.
„Organe und Gewebe dürfen erst entnommen werden, nachdem der Tod des Organspenders festgestellt wurde.“[…] „Ein spezielles Verfahren zur Feststellung des Todes ist die Diagnostik des unumkehrbaren Hirnfunktionsausfalls (Hirntod).“ (Zitat: www.organspende-info.de)

Für viele kritische Stimmen ist besonders die Frage, wann ein Mensch tot ist, der entscheidende Punkt.
„Ist ein Organspender unmittelbar vor der Organentnahme eine Leiche oder ein Lebender ohne messbare Hirnfunktion? In dieser Frage nehmen Fachleute aus Medizin, Rechtswesen und Theologie gegensätzliche Positionen ein. Das deutsche Transplantationsgesetz hat diesen Konflikt nicht gelöst. Schließlich leben 97% des Organismus zu diesem Zeitpunkt noch. Dieser Tatsache muss sich jeder bewusst sein und sich vor diesem Hintergrund eine eigene Meinung bilden.“
(Zitat: Initiative Kritische Aufklärung Organspende www.initiative-kao.de)

Wer entscheidet, wenn ich mich nicht entscheide?

Wenn wir uns selbst nicht eindeutig für oder gegen die Möglichkeit der Organspende entscheiden, (über-)lassen wir dieses Entscheidung unseren nächsten Angehörigen. Im Fall des Falles werden sich Krankenhaus-Ärzte an die Angehörigen wenden, um zu klären, ob der Patient als Organspender „genutzt“ werden kann.

Wer seinen Angehörigen diese Entscheidungslast nicht zumuten möchte, tut gut daran, sich rechtzeitig und eindeutig dokumentiert für oder gegen die Organspende zu entscheiden.
Der Organspendeausweis beinhaltet die Möglichkeit, sich für ein Ja, ein teilweises Ja oder ein Nein festzulegen oder eine Entscheidungsperson zu benennen.

Informationen

Informationen findet man z.B. auf folgenden Homepages:

  • www.organspende-info.de (eher pro-Organspende)
  • www.initiative-kao.de (Initiative Kritische Aufklärung Organspende)

Oder auch z.B. über folgende Videos:

  • „Hirntod und Organspende“ von Silvia Matthies (z.B. bei Youtube)
    In diesem Video beschreibt eine betroffene Familie, welche große Entscheidungslast in so einer Extremsituation auf den Angehörigen lastet und welche Erfahrungen die Familie während und nach der Organspende ihres Sohnes und Bruders hatte.
  • Ein Video von Quer-denken.tv vom 13.07.2016 zeigt ein Interview mit Dr. med. Manfred Doepp, in dem kritische und auch spirituelle Aspekte beleuchtet werden. (z.B. bei Youtube)